Vor einem Jahr, am 20. April 2019, wurden wir vom unerwarteten Heimgang von Hans-Jürgen Poppek überrascht. Uns ist es wegen der Corona-Pandamie nicht erlaubt, in einem Gedenken zusammenzukommen. Dennoch wollen wir an diesem Jahrestag intensiv an ihn denken, uns vor Augen führen, was er uns bedeutet hat und wie sehr wir ihn vermissen.
„Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“
(Johannes 4, 14)
Hans-Jürgen gründete 1963 als 17-Jähriger die evangelische Pfadfinderarbeit der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) in Wolfsburg und begleitete die Fusion Anfang/Mitte der 70er Jahre zum VCP mit einem unglaublichen Gespür für die Situation, die sowohl im Zusammenschluss der Verbände von evangelischen Pfadfinderinnen und Pfadfindern als auch in den neuen Methoden in der allgemeinen Jugendarbeit zur emanzipatorischen und koedukativen Erziehung große Herausforderungen an alle Aktiven darstellte. Neben der neu aufflammenden modernen Jugendarbeit schaffte er es, die für ihn daraus erkannten sehr wichtigen Punkte in die charakteristischen Methoden der Pfadfinderinnen und Pfadfinder zu integrieren, ohne sie grundlegend in ihren Prinzipien zu verändern. Er knüpfte Freundschaften zu norwegischen Pfadfindern mit allen Sensibilitäten, die es damals bedurfte, um die Vorbehalte gegenüber Deutschen zu überwinden. Die Freundschaft hält bis heute und der Bezirk verdankt dem Bemühen einen wunderbaren Zeltplatz, der jedes Jahr im Sommer unsere Lager beherbergt und in dessen Umgebung wir uns heimisch fühlen.
Der Prozess rund um die Erneuerung der Jugendarbeit brachte ihn so fast ganz nebenbei zum Engagement im Stadtjugendring Wolfsburg; er wurde schnell 2. und letzendlich 1. Vorsitzender und hat hierüber die Wolfsburger Kinder und Jugend als Mitglied des damaligen Jugendwohlfahrtsausschusses und späteren Jugendhilfeausschusses vertreten. Viele Kommunalpolitikerinnen und -politiker und Tätige in der kommunalen und kirchlichen Sozialarbeit lernten ihn als kompetenten und über die eigenen Belange und Interessen hinausschauenden Sprecher für die Kinder- und Jugendarbeit kennen und respektierten seine Fachmeinung. Noch heute gibt es wegen seiner Hartnäckigkeit eine 30-km/h-verkehrsberuhigte Zone an einem Kindergarten in einem Abschnitt einer verkehrsdichten Durchfahrtsstraße, was damals noch nicht so beliebt und normal war wie heute. Als eine seiner außergewöhnlichsten Maßnahmen aus dieser Zeit kann die Begegnung einer Wolfsburger Delegation des Stadtjugendringes mit der FDJ Leipzig 1976 genannt werden mit einem Gegenbesuch der „Freien Deutschen Jugend“ ein Jahr später in Wolfsburg. Auf nationaler Ebene gab es einen regelmäßigen Austausch zwischen Bundesjugendring und FDJ, auf kommunaler Ebene war es seinerzeit einmalig. Das Haus der Jugend und der Jugendzeltplatz Almke sind seine langjährg verfolgten Projekte. In das Haus der Jugend an seinem zweiten Standort zog er mit dem VCP selbst noch ein, für den Jugendzeltplatz Almke war er von Anbeginn bis zu seinem jähen Tod als Koordinator der Zeltplatzgruppe aktiv. Auf dem Zeltplatz haben Hans-Jürgen und die „Leinen-los-Projekte“ unseres Bezirks unübersehbar Spuren hinterlassen.
Die 80er und 90er Jahre waren wieder mehr dem VCP gewidmet. Der VCP Stamm Paul Schneider Wolfsburg wurde eigener Bezirk, der im Landesrat Niedersachsen vertreten war und zahlreiche junge Wolfsburger in ein Engagement in viele inhaltliche Bereiche im VCP Land Niedersachen brachte. Hans-Jürgen hat hauptsächlich in der Aus- und Weiterbildung im Arbeitskreis Schulung gewirkt. Noch heute arbeitet der VCP in Niedersachsen nach den damalig erarbeiteten Kurs-Konzepten, die er maßgeblich gestaltete. „Deine Gruppe und Du“ als Vorkurs zur Jugendgruppenleiterausbildung und das „Jurtendach“ sind selbst unter diesem Namen noch fester Bestandteil. Die mit äußerst engagierten Mitgliedern des Arbeitskreises Schulung erarbeiteten Konzepte wurden im Bezirk in Wolfsburg verfeinert und konnten auf Grund der Nähe in einem Stadtbezirk wir unserem noch intensiver gestaltetet werden. Aus „Deiner Gruppe und Du“ wurde „Setzt die Segel“, den Grundkurs nennen wir „Frische Brise“, beide Kurse intensiv angeboten während unserer Sommermaßahmen in Norwegen, und dazwischen wenden wir die Projektmethode der Ranger und Rover als „Leinen los“-Kurs mit wöchentlichen Gruppenstunden an. „Auf hoher See“ sollte als Angebot wie das „Jurtendach“ laufen und „Auf neuem Kurs“ heißt das Seminar für Stammesleitungen. Die Kurse konnten nicht mehr nur ehrenamtlich angeboten werden, so dass der Bezirk eine Schulungsreferenten-Stelle einrichtete und dazu eine Verwaltungskraft mit städtischer Förderung. Auch dies ist auf die Initiative von Hans-Jürgen für Wolfsburger Jugendverbände jugendpolitisch erreicht worden.
Als Niedersachsen-Vertreter kam Hans-Jürgen zum Bundesarbeitskreis Schulung des VCP. Alle Erfahrungen und inhaltlichen Konzepte brachte er in seiner ihm beständigen und klugen Art ein, konnte auf Bundesebene konstruktiv zur Umgestaltung des Bereichs Schulung beitragen.
Von 2000 bis 2012 war er der Bundesvorsitzende des VCP. Als größte Herausforderungen gestalteten sich der „Aufbau Ost“ als Unterstützung für den VCP-Aufbau in Ostdeutschland, die Gestaltung der Feierlichkeiten zu 100 Jahre Pfadfinden 2007 in Deutschland, die er als Ringvorsitzender der deutschen Pfadfinderverbände und als Koordinator für beide deutschen Ringe (rdp) die Feierlichkeiten meisterte und - wie immer dabei - auch hierbei kühne Ideen umsetzte. Ein langjähriger Prozess war die Neugestaltung der VCP-Stufenkonzeption. Er nahm an diversen Europa- und Weltkonferenzen teil, war Teil der Trupp- und Kontingentsleitung in vielen World Scout Jamborees. Auch nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender blieb er dem Bundeszeltplatz Großzerlang als Sprecher der Fachgruppe erhalten. Er hat dort viele Projekte umgesetzt und hat auf allen Ebenen versucht, die Platzgestaltung voranzutreiben, war den politischen und den Verwaltungsgremien von Brandenburg als kompetenter Ansprechpartner bekannt. Den Bauabschnitt 2 hatte er fest im Blick, konnte aber die Finanzierung noch nicht sichern und den Bau auch nicht mehr umsetzen. Wer den Platz heute besucht, wird seinen Geist und seine Ideen dort immer noch finden.
Die Zeltplätze in Wolfsburg und in Großzerlang hat er durch seinen Tod als amtierender Koordinator und Sprecher zurücklassen müssen. In seiner Bundesleitungszeit hat er den Bezirk in Wolfsburg noch weiter als sein wichtigstes Feld betrachtet und hat ihn nie vernachlässigt, auch wenn er sich nicht mehr so intensiv einbringen konnte. Er versuchte immer, seine Nachfolger einzuarbeiten. 2015 gab er die Leitung des Bezirks ab.
Letztendlich muss noch erwähnt werden, dass der Förderverein des VCP in Wolfsburg seit den 60er Jahren ebenfalls zu seinen Augenmerken zählte. Seine dritte noch aktive Tätigkeit war neben den Zeltplätzen der Vorsitz des Fördervereins F.VCP Wolfsburg e.V. Er verließ uns, nachdem er die neuen Anforderungen zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit für den e.V. und den Bezirk umgesetzt hatte. Aufgabe erfüllt und heimgegangen.
Natürlich hat Hans-Jürgen nicht alles allein gestaltetet und umgesetzt. Aber er war in vielen Dingen der Initiator, der Ideenspender, der politisch Agierende, der kluge und konsequente Umsetzer. Und vor allem, er konnte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter respektvoll behandeln, sie unterstützen und fördern. Er gab jedem den Mut zum Handeln. Loyalität und bedingungsloses Vertrauen gehörten mit zu seinen absoluten Stärken. Sein Werdegang im VCP und darüber hinaus zeigt eine unumstößliche Überzeugung von dem, was er tat. Alle fühlten sich bei ihm wohl, geborgen und getragen in ihrem Engagement, selbst wenn es mal hart zuging. Er stand immer für uns ein. Und egal auf welcher Ebene Hans-Jürgen tätig war, es war immer klar, wer er war und woher er kam und das trug er mit Stolz: Er war VCPer, Wolfsburger, Freund. Er hat seine Erfahrungen und Erkenntnisse für die nächstgestellte Aufgabe angewandt, bereichert und weiterentwickelt und hinterließ überall tiefe Spuren.
Und bei all den vielfältigen Tätigkeiten für die Jugendarbeit hatte er Zeit und strahlte die gleiche Stärke aus für seine Ehefrau, für seine Familie. Er war mit der gleichen Ernsthaftigkeit ein Halt für sie.
Dankbar erinnern wir uns an seine großartige Leistung. Und dankbar erinnern wir uns an den 30.04.2019, der Tag, der mit ganz vielen Helferinnen und Helfern zu einer unvergessenen und für ihn würdigen Trauerfeier wurde.
Wie das Wasser des ewigen Lebens mit der Erkenntnis, das Richtige und Gute zu tun im Sinne des Herrn, umgesetzt werden kann, das zeigte uns Hans-Jürgen Poppek. Sein Wirken war gelebtes Christentum. Sein Beispiel wirkt in uns nach als Quelle zum ewigen Leben. Wir beten heute und immer, wenn wir an ihn denken, für ihn.
Therese Zimkowsky
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